35 MM #52 – GESELLSCHAFTSKRITIK, SOZIALKRITIK UND REVOLUTION ERHÄLTLICH

35 Millimeter – Das Retro-Film-Magazin beschließt das Jahr 2023 mit einer großen Retrospektive der Gesellschaftskritik, Sozialkritik und Revolution im Kino bis 1965. Die 92-seitige Ausgabe #52 ist exklusiv im 35MM-Shop erhältlich.

Lars Johansen befasst sich mit dem proletarischen Kino der Weimarer Republik, den Arbeiten Bertolt Brechts für das Kino sowie dem italienischen Regisseur Carlo Lizzani. Klaus Füßmann stellt DAS WUNDER VON MAILAND (1951) vor, Jörg Rieckhoff UMBERTO D. (1952), beides Filme von Vittorio De Sica. Bernward Knappik betrachtet die kubanische Revolution auf der Leinwand. Der Umgang mit sozialen Fragen im klassischen Hollywoodkino wird von Prof. Dr. Tonio Klein in Texten über RIFFRAFF (1936) und ONE THIRD OF A NATION (1939) thematisiert. Gastautor Füßmann beschäftigt sich mit dem Producer-Director Stanley Kramer, Hollywood-Auteur von Werken wie WER DEN WIND SÄT (1960) und URTEIL VON NÜRNERG (1961). Mit dem Film Gris, einer besonders gesellschaftskritischen Film-Noir-Spielart, setzt sich Matthias Merkelbach ausführlich auseinander. Dem Film Gris zuzuordnen sind beispielsweise DIE MACHT DES BÖSEN (1948) und DEM SATAN SINGT MAN KEINE LIEDER (1951).

Mehrere Texte der Retrospektive stammen aus der Feder von Dr. Christoph Seelinger. Am Anfang steht ein Beitrag über André Antoines Émile-Zola-Verfilmung LA TERRE (1921). Im ausführlichen Artikel „Zwei Gesichter des Spartacus – Revolution und Restauration im italienischen Kolossalfilm“ stellt Seelinger Giovanni Enrico Vidalis SPARTACO (1913) und Riccardo Fredas SPARTACUS, DER REBELL VON ROM (1953) einander gegenüber, ergänzt um einen Überblick weiterer italienischer Spartacusfilme. In kürzeren Beiträgen widmet sich Seelinger den französischen LA COMMUNE (1914) und AUCH STATUEN STERBEN (1953), dem bolivianischen REVOLUCIÒN (1963) und zwei zentralen Werken des postkolonialen algerischen Kinos: DER WIND KOMMT VON AURES und DAWN OF THE DAMNED (beide 1965).

Neben der Retrospektive enthält 35 Millimeter die Kinemathek. In dieser Zusammenstellung von Kolumnen, Rubriken, Serien und Einzelartikeln für Freunde des klassischen Kinos hat sich im aktuellen Heft ein weiterer Schwerpunktherausgebildet. Beim Lesen der Beiträge zu Werken aus vier deutschen Staaten wird deutlich, dass Kunst nie im ideologiefreien Raum entsteht. Dr. Christoph Seelinger setzt sich kritisch mit Walter Ruttmanns UFA-Kulturfilmen (1933-1941) auseinander und beginnt eine Zweiteiler über den Afrikaforscher Hans Schomburgk. Patrick Müller blickt auf Veit Harlans DIE GOLDENE STADT (1942). Prof. Dr. Tonio Kleins SerieDouglas Sirk ist Detlef Sierck geht in die dritte Runde. Lars Johansen erinnert an den Kabarettisten und Schauspieler Wolfgang Neuss, der am 3. Dezember 2023 100 Jahre alt geworden wäre. Über Kurt Maetzigs ERNST THÄLMANN – SOHN SEINER KLASSE (1954) und ERNST THÄLMANN – FÜHRER SEINER KLASSE (1955) schreibt Johansen in seiner Kolumne DAS KINO DER DEFA. Michael Klein stellt in seiner Rubrik BUCH & FILM den Wolfgang-Staudte-Film ROSE BERND (1957) dem gleichnamigen Schauspiel von Gerhart Hauptmann aus dem Jahr 1903 gegenüber.

Bernward Knappik befasst sich in seiner Rubrik GALERIE DER UNBEKANNTEN MEISTER mit Leben und Werk des Regisseurs William Asher, in seiner Kolumne FRÜH ÜBT SICH … mit Marcel Ophüls‘ Spielfilmdebüt HEISSES PFLASTER (1963) und im abschließenden dritten Teil seiner Serie DIE WIKINGER KOMMEN!!! mit der Flut italienischer Wikingerfilme um 1960. Nils Gampert stellt in einem Spezial den US-amerikanischen Horrorfilm DIE BESTIE MIT DEN FÜNF FINGERN (1946) vor. Roman Widera wiederentdeckt in seiner Kolumne NIPPON CINEMA CLASSICS Tomu Uchidas THE MAD FOX (1962). Matthias Merkelbach beleuchtet in seiner Kolumne MONDE NOIR den schwedischen Film Noir DAS MÄDCHEN MIT DEN HYAZINTHEN (1950) von Hasse Eckman. Außerdem berichtet Merkelbach vom 11. Noir Film Festival in Český Šternberk, Tschechien. Clemens Williges schildert in „Arrested Moments“ seine Eindrücke vom Besuch der Ausstellung „Stars ohne Glamour: Lette Valeska – eine Braunschweiger Fotografin in Hollywood“, die noch bis zum 7. Januar 2024 im Städtischen Museum Braunschweig zu sehen ist.

Die aktuelle Ausgabe von 35MM enthält mehrere spannende Beiträge für Stummfilmfreunde. Frank Hoyer geht in seiner Rubrik STUMMFILM auf einen kleinen Festivalbummel. Katerina Brausmann berichtet von einer besonderen Aufführung von METROPOLIS (1927) im Scharoun Theater Wolfsburg, mit dem Staatsorchester Braunschweig unter der Leitung von Burkhard Götze. Mit „Der erste Schrei – 105 Jahre Tarzan im Kino“ bringt Kinoerzähler Ralph Turnheim TARZAN OF THE APES (1918) heutigen Lesern näher. Christoph Seelinger erinnert in seiner Kolumne MESDAMES CINÉMA an die Französin Lucie Derain und ihren einzigen erhaltenen Film HARMONIES DE PARIS (1929). Zum Abschluss des Heftes beschäftigt sich Chefredakteur Clemens Williges in seiner Kolumne DER VERGESSENE FILM mit THE CRY OF THE CHILDREN (1912), einem frühen Beispiel für den sozialrealistischen Stil der 1910er Jahre im Kino der USA.

Die Redaktion

THE CRY OF THE CHILDREN (1912) online sehen:

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