35 Millimeter vor Ort – Orson Welles-Retrospektiv im Filmhaus Saarbrücken – Tag 6

IM ZEICHEN DES BÖSEN

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Eine Bombe im Kofferraum, das Auto mit zwei Insassen setzt sich in Bewegung. Es fährt durch die belebten nächtlichen Straßen einer mexikanischen Kleinstadt, kreuzt mehrfach den Weg eines attraktiven Paars (Charlton Heston, Janet Leigh), überquert die Grenze in die USA – und explodiert. Die ohne Schnitt in einem Take gedrehte, mehr als dreiminütige Eingangssequenz von IM ZEICHEN DES BÖSEN (Touch of Evil – 1958) ist einer der Gründe, weshalb Orson Welles’ Krimidrama als Schlusspunkt der klassischen Ära des Film noir gesehen wird. Welles selbst spielt den korrupten US-Cop Hank Quinlan, der – feist, wie er ist – einen wunderbaren Gegenpol zum aufrechten mexikanischen Drogenfahnder Mike Vargas bildet.

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IM ZEICHEN DES BÖSEN beschreibt nicht nur das Duell zweier Männer in einer untergehenden Welt des Lasters und der Kriminalität, es ist mehr als nur das, es ist der Kampf zweier Ideologien, zweier Lebenskonzepte, der Polizist Vargas (Heston) ist ein Idealist, der versucht die Welt seinen Idealen anzupassen, der Polizist Quinlan (Welles), hat sich der Welt angepasst, ist zu einem Teil von ihr geworden und hält sie dadurch auch mit am Bestehen. Der Grenzort „Los Robles“ wird von Welles als verlorener Sündenpfuhl inszeniert für deren Rettung vor dem Untergang es keine Hoffnung mehr zu geben scheint. Nicht einmal die Polizei selbst ist noch ein zuverlässiges Bollwerk gegen das Verbrechen, die Grenzen zwischen Polizist und Gangster, zwischen Gut und Böse sind in Los Robles schon längst bis zur Unkenntlichkeit verwischt, die Figuren sind einfach nur Menschen, tief verletzt und verzweifelt, und der Abgrund auf den sie zugehen ist von ihnen selbst geschaffen. Am Ende des Films findet man sich in einem sumpfartigen Gebiet nahe einer Ölraffinerie wieder, widerwärtig und schmutzig ist dieser Ort doch der passendste um die Figuren endgültig mit ihrem Schicksal zu konfrontieren. Der Idealist kann nach dem Finale, nach dem Sturm nur noch angewidert die Flucht ergreifen, Los Robles und die Welt werden sich wohl niemals ändern.

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Der vorletzte Film der ORSON WELLES-RETROSPEKTIVE lockte wieder einige enthusiastische Zuschauer in das Saarbrücker Filmhaus. Mit dem – für die Reihe üblichen – Rahmenprogram, wie Einführung und Verlosungen, konnte auch IM ZEICHEN DES BÖSEN neues Publikum gewinnen. So wird das große Vermächtnis eines Ausnahmeregisseurs auch an die nächste Generation weiter gegeben. Auch das ist Sinn und Zweck des Kinos.

 

Die Redaktion

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