Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens

Vergleich diverser Veröffentlichungen

Ein Referenzfilm verlangt nach einer Referenz-Veröffentlichung. Die gibt es zu NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (1922) auch, man muss dazu aber leider den Kanal überqueren: Der englische Publisher Eureka Entertainment hat in seiner Reihe „Masters of Cinema“ ein Steelbook aufgelegt, das keine Wünsche offen lässt.

Nosferatu texti

FOTO: FWM

 

Vergleichen wir es dennoch einmal mit der deutschen Transit Classics Deluxe Edition von Transit Film. Beide Releases enthalten die neue, von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung initiierte Neu-Restauration des Films, ein Bildvergleich erübrigt sich somit.

5x Nos

Die deutsche Veröffentlichung kommt im schlichten Amaray-Case daher, enthält aber immerhin ein 20-seitiges Booklet. Darin finden sich folgende Texte:

– Blut ist Leben! Blut ist Leben!!! Murnaus Nosferatu (Bernd Schöneberg),

– Albin Grau und die Prana Film (Ann-Fleur Praetorius),

– Der Nosferatu-Darsteller Max Schreck (Katharina David),

– Nosferatu Spuren in Film und Literatur (Jesko Jockenhövel).

Damit könnte man zufrieden sein, sind Booklets doch leider keineswegs Standard. Doch öffnet man das englische Eureka-Steelbook findet man ein sogar 56 Seiten starkes Büchlein mit folgendem Inhalt:

– The Deadly Space Between (Gilberto Perez),

– Vampires (Albin Grau),

– Notes on the Restoration,

– On the Way to Nosferatu (Ennio Patalas),

– The Bridge (Craig Keller).

Der Film liegt in beiden Editionen mit abschaltbaren Untertiteln zu den Sütterlin-Zwischentiteln vor, bei der Eureka-Version kann man beim Ton zwischen Stereo und 5.1 wählen. Nun mag die Tonspur bei einem Stummfilm nicht von entscheidender Bedeutung sein, aber musikalische Untermalung gibt es immerhin, daher ist es löblich, wenn Publisher beachten, dass es Filmgucker mit Surround-Systemen gibt sowie solche, bei denen der Ton lediglich über die Stereo-Lautsprecher des Fernsehers läuft. Punkt für die englische Edition.

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FOTO: FWM

 

Viel Aufschluss über F. W. Murnau gibt die 2007 entstandene deutsche Doku „Die Sprache der Schatten – Die frühen Jahre und Nosferatu“ von Luciano Berriatúa (52:37, Sprecher: Thomas Lang). Sie ist allerdings in beiden Veröffentlichungen zu finden, in der englischen mit optionalen englischen Untertiteln.

Weitere Zusatzmaterialien der deutschen Edition sind eine 28-minütige 8-MM-Fassung des Films, im ROM-Teil der Disc Werbematerialien und Texte von Albin Grau sowie als zwölfseitige PDF-Datei die Sondernummer der „Film-Tribüne“ vom 30. Oktober 1921 mit Zusammenfassung des Films, zwei Plakatmotiven und Film Stills. Das geht insgesamt als mehr als anständiges Bonusmaterial durch. Erwähnenswert ist in dem Zusammenhang das 2007 veröffentlichte deutsche DVD-Steelbook von Transit Film, das viel schöner aussieht als die deutsche Neuveröffentlichung und obendrein das ansprechender gestaltete Booklet aufweist. 2007er-Steelbook wie auch 2014-Neuveröffentlicung zeigen Graf Orlok an Bord des Schiffs, bei Gegenüberstellung zieht die Neuveröffentlichung visuell eindeutig den Kürzeren.

Mittlerweile ist das deutsche Steelbook out of print, die Preise im Online-Gebrauchthandel ziehen langsam an, noch ist es aber zu akzeptablem Kurs zu kriegen. Die Doku „Die Sprache der Schatten“ ist enthalten, sie ist womöglich für diese Edition produziert worden. Das Masters-of-Cinema-Steelbook von Eureka trumpft außen mit einem eher selten verwendeten Plakatmotiv auf, innen mit dem klassischen Foto von Graf Orlok an Bord des Schiffs – beim deutschen Steelbook ist es übrigens genau umgekehrt. Die englische Veröffentlicung enthält einen Audiokommentar des Filmhistorikers David Kalat (2013) sowie einen Audiokommentar des Filmhistorikers R. Dixon Smith und des Kritikers/Autors Brad Stevens (2007).

Im Zusatzmaterial: eine 2007er-Aufnahme von Abel Ferrara, der über „Nosferatu“ und Vampirfilme spricht (12:19). Hinzu kommt ein im Juli 2013 entstandenes Interview mit Kevin Jackson (Autor bei BFI Film Classics) über den Film (19:43). Insgesamt ist zu konstatieren, dass die deutsche 2014er-Veröffentlichung als einigermaßen angemessen durchgeht und informatives Bonusmaterial enthält, dem englischen Steelbook aber nicht das Wasser reichen kann.

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FOTO: FWM

Auf eine ältere englische Eureka-Veröffentlichung von NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS sei hingewiesen, out of print, aber nicht allzu teuer zu beschaffen. Die 2-DVD-Edition enthält den Film in zwei Fassungen, eine davon in Sepiaton viragiert – durchaus reizvoll. Obendrein enthält die Edition attraktives Bonusmaterial, darunter eine 13-minütige „NosferaTour“ zu den Drehorten, etwa zu den Salzspeichern von Lübeck.

Volker Schönenberger

Für die alten Veröffentlichungen aus Frankreich und Amerika lohnt ein Vergleich ohnehin nicht, da es sich dabei fast immer um minderwertige Kopien handelt, die von einem public domain-Master gezogen wurden. Es gibt den Titel auch als diverse Musik-Variations-Auswertungen mit z. B. einem Industrial-Musik-Mix, aber auch mit Musik von Type O Negative über die komplette Länge des Films, was außergewöhnlich gut zusammen passt. Auf all diesen Fassungen ist die Qualität des Films aber sehr schlecht.

Was hinter der aktuellen Veröffentlichungspolitik der restaurierten Fassung und deren Blu-ray-Versionen steckt, ist kaum nachvollziehbar. Die Kritik war allerdings laut zu vernehmen – „warum bekommt man in Deutschland keine schönen Editionen deutscher Stummfilme?“ Die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung hat sich nach den letzten Veröffentlichungen von Transit getrennt – einvernehmlich wie es in der Pressemitteilung heißt. Neuere Titel, wie z. B. VARIETÉ, erscheinen jetzt über das Label Edel.

Jörg Mathieu

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