35 Millimeter vor Ort – Stanley Donen zum 90. Geburtstag

„Kino 8 ½“ Saarbrücken – 07.04. bis 13.04.2014

Er ist eine der letzten noch lebenden Legenden des großen alten Hollywoods und hat wie kein anderer speziell dem Musical-Genre seinen eignen Stempel aufgedrückt. Aus diesem Grund feierte das Saarbrücker „Kino 8 ½“ vom 07.04. bis zum 13.04.2014 Stanley Donens 90. Geburtstag mit einer kleinen, aber feinen Filmreihe. Zu jedem der fünf gezeigten Klassiker gab es vorab noch eine Einführung durch den Filmwissenschaftler Nils Daniel Peiler, bei der die Besucher nicht nur Informationen zum Leben und Schaffen Donens erhielten, sondern auch Fakten und Kurioses zum jeweiligen Film des Abends.

Stanley Donen wurde am 13.04.1924 in Columbia, South Carolina, geboren und wir haben es Fred Astaire und dem Film FLYING DOWN TO RIO (1933) zu verdanken, dass der 9-jährige Donen beschloss Tänzer zu werden. Er versuchte sein Glück am New Yorker Broadway, wo er einen anderen jungen Tänzer kennenlernte – Gene Kelly. Der war gerade ein aufgehender Stern am Musical-Himmel und auf dem Sprung nach Hollywood. Er überredete Donen mitzukommen, der Anfang einer langjährigen Zusammenarbeit. Donen begann als Tänzer, wurde Choreograf, dann Regieassistent und schließlich selbst Regisseur.Seine ersten Filme waren Musicals– oftmals mit Kelly als Hauptdarsteller und Co-Choreograf. Erst als das Publikum Anfang der 1960er Jahre des Musical-Genres überdrüssig wurde, wechselte er zu Komödien und sogar ins Krimi-Genre. Donens Film CHARADE (1963) gilt als „the best Hitchcock movie Hitchcock never made“.

Die Saarbrücker Filmreihe begann mit DU SOLLST MEIN GLÜCKSSTERN SEIN (Singin‘ in the Rain – 1952). Der Film begeistert mit großartigen Tanzeinlagen – wer kennt die Szene mit dem im Regen tanzenden Gene Kelly nicht – und unzähligen Musik-Klassikern (Singin‘ in the Rain, You are my Lucky Star, Hello Good Morning u. v. m.). Er ist aber auch eine Hommage an die Zeit, in der die Talkies – der Tonfilm – nicht nur dem Stummfilm sondern auch vielen Stummfilm-Stars ein Ende setzten. In diesem Film heißt der Stummfilm-Star Lina Lamont. Das Publikum vergöttert sie, nur leider ist ihre Stimme für einen Tonfilm völlig unbrauchbar. So wird sie – anfangs ohne ihr Wissen – kurzerhand von einer jungen Schauspielerin „synchronisiert“. Als Lina hinter den Schwindel kommt, lässt sie die Studio-Bosse wissen, was eine echte Diva ist. Jean Hagen spielt diese Lina so herrlich überdreht und zickig, dass sie den eigentlichen Stars Gene Kelly und Debbie Reynolds jede Szene stiehlt. Als besonderes Schmankerl gab es diesen Film in Saarbrücken in der 2011 in Großbritannien restaurierten Originalfassung als Deutschland-Premiere zu sehen.

Am nächsten Abend folgte EINE BRAUT FÜR SIEBEN BRÜDER (Seven Brides for Seven Brothers – 1957). Der Film war eine der ersten MGM-Cinemascope-Produktionen und, da das Studio Bedenken hatte, ob das Publikum das neue Format annimmt, wurde zusätzlich aus „Sicherheitsgründen“ noch im Standardformat mitgedreht. Im Vortrag vor dem Film gab es deshalb drei Ausschnitte in jeweils beiden Formaten gleichzeitigzu sehen, was einen interessanten Vergleich ermöglichte. In der gezeigten Kopie des DEFA-Filmmuseums Potsdam sind die Dialoge zwar deutsch synchronisiert, die Musikstücke aber zum Glück im Original, denn mit Jane Powell und Howard Keel hat der Film wieder einmal Star-Besetzung. Waren die Produzenten anfangs noch davon überzeugt, dass es unmöglich sei, ungehobelte Holzfäller zu Musical-Stars zu machen, zeigte ihnen Donen, dass man Hammer, Säge und Axt durchaus als Tanzrequisiten nutzen kann. Die Musik von Gene de Paul dazu ist mitreißend und die akrobatischen Choreografien der Holzfäller-Brüder atemberaubend, doch leider lässt das Frauenbild der 1950er Jahre einen heutzutage regelmäßig erschreckt zusammenzucken.

EIN SÜSSER FRATZ (Funny Face – 1957) verbindet alle Donen-typischen Stil-Elemente: Außendrehs, Split Screens und wieder einmal eine Star-Besetzung (Audrey Hepburn und Fred Astaire). Die Musik stammt aus dem gleichnamigen Broadway-Musical von George und Ira Gershwin, was MGM vor eines von mehreren großen Problemen stellte. MGM hielt die Rechte an der Story, Warner Brothers jedoch die Rechte an der Musik. MGM wollte unbedingt Audrey Hepburn für die weibliche Hauptrolle, diese war jedoch bei Paramount unter Vertrag. Lösung des Problems: MGM leiht Donen für einen Film – PICKNICK IM PYJAMA (The Pajama Game – 1957) – an Warner aus und erhält im Gegenzug die Musik-Rechte zu EIN SÜSSER FRATZ. Dann verkauft MGM sowohl Story als auch Musik an Paramount und schon konnten die Dreharbeiten starten. Der Film ist ein Fest für Augen und Ohren und Paris gilt nicht umsonst als „heimlicher dritter Hauptdarsteller“ des Films. Dazu sind die Dialoge von Leonard Gershe intelligent, witzig und bis ins kleinste Detail ausgefeilt.

Basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Hugh Williams und Margaret Vyner, die auch das Drehbuch schrieben, hieß es am vorletzten Abend: VOR HAUSFREUNDEN WIRD GEWARNT (The Grass is Greener – 1960). Hauptdarsteller Cary Grant war nicht nur einer von Donens Lieblingsschauspielern, die beiden besaßen auch eine gemeinsame Produktionsfirma – Grandon Productions – die diese Komödie auch produzierte. Donen zog 1958 nach Europa, weil er Hollywoods Studiowände als Gefängniswände empfand. So treffen in VOR HAUSFREUNDEN WIRD GEWARNT der britische Earl Victor Rhyall (Grant) auf den texanische Ölbaron Charles Delacro (Robert Mitchum) und dieser speziell auf Lady Rhyall (Deborah Kerr). Es gibt neben dem nicht zu vermeidenden Kultur-Clash einen verbalen Schlagabtausch mit ausgesprochen spitzen Dialogen und am Ende sogar ein echtes Duell der beiden Herren um Lady Rhyalls Herz.

Den Abschluss machte Donens finanziell erfolgreichster Film CHARADE (1963), ebenfalls mit Cary Grant – diesmal allerdings mit Audrey Hepburn in der weiblichen Hauptrolle. Das Drehbuch stammt von Peter Stone, der sich für Donen als Regisseur entschied, obwohl dieser am wenigsten Geld für sein Drehbuch bot. Der Film ist eine weitere Hommage an Hitchcock, er ist spannend, witzig und weiß immer wieder durch neue Wendungen in der Handlung zu überraschen. Neben Grant und Hepburn geben sich außerdem Walter Matthau und James Coburn die Ehre, die Filmmusik stammt von keinem geringeren als Henry Mancini und den Vorspann gestaltete – wie bei vielen Donen-Filmen – Maurice Binder, der vor allem durch den Vorspann zu den James-Bond-Filmen berühmt wurde.

Diese Filmreihe im „Kino 8 ½“ machte Spaß und machte Laune, auch die restlichen 23 Donen-Filme wieder bzw. neu zu entdecken. Angeblich arbeitet Stanley Donen gerade an einem neuen Film mit Christopher Walken in der Hauptrolle. Vielleicht ja wieder in Musical? Wer Mr. Walken im Video-Clip zu „Weapons of Choice“ von Fatboy Slim gesehen hat weiß: Der Mann kann tanzen, was er schon oft bewiesen hat.

Manuela Lay

Das könnte Dich auch interessieren...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert